17:36 MOSKAU, 11. Dezember (Juri Saizew für RIA Novosti). Im kommenden Jahr 2008 werden die in der Raumfahrt tätigen Staaten weiterhin den Mond im Visier haben.
Die USA, Indien und Japan werden zum Mond Raumapparate entsenden. Nach Abschluss der Mondprogramme der UdSSR und der USA zwischen 1960 und 1970 gab es nur sehr wenige Flüge zum Mond. Genannt seien die US-Apparate "Clementine" (1994) und "Lunar Prospector" (1998 - 1999) sowie der europäische "SMART-I". Die Europäer hatten jedoch kein Glück: Die Sonde war in vollem Tempo auf dem Mond aufgeschlagen und zerschellt. Heute bewegen sich in einer mondnahen Umlaufbahn die Sonden "Kaguya" (Japan) und "Change-1" (China).
Russland und Indien haben vor kurzem ein Abkommen über die gemeinsame Entwicklung und Entsendung eines Forschungskomplexes zum Mond unterzeichnet. Der indische Beitrag zum Programm werden die Trägerrakete GSLV sowie ein Modul für den Weltraumflug und spätere Forschungen von der Umlaufbahn eines Mondsatelliten sein. Russland wird das Landemodul, ein mobiles Forschungslabor (Mondmobil) und wissenschaftliche Geräte bauen. So gut wie alle im All agierenden Mächte nehmen in ihre Pläne Mondforschungsprojekte auf. Als Motiv dient die Idee, Mondressourcen zu erschließen und einen Stützpunkt für die Vorbereitung von bemannten Weltraummissionen zu schaffen.
Ein vielversprechendes Objekt ist der Mond auch für die Grundlagenwissenschaften. Bisher ist nicht bekannt, ob er gleichzeitig mit unserem Planeten aus einer protoplanetaren Wolke entstand oder sich aus Trümmerstücken eines Zusammenstoßes zwischen der jungen Erde und einem großen Asteroiden bildete. Die Größe und Zusammensetzung des Mondes bergen Informationen über die ganze Geschichte des Sonnensystems in sich. Diese Chroniken sind in Mondkratern verschiedenen Alters und unterschiedlicher Größe eingeprägt. Eines der spannendsten Rätsel, dessen Lösung in unmittelbarer Beziehung zu den Problemen der Monderschließung steht, ist das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der so genannten "Kältefallen" in seinen Polen. Es handelt sich um Krater, die ständig im Sonnenschatten liegen.
Bekannt ist, dass der Mond viele Kollisionen mit Kometen hatte. Ihre Dämpfe führten für kurze Zeit zur Entstehung einer Atmosphäre aus Wasserdampf. Nach der Kondensation setzte er sich auf dem Boden solcher "Kältefallen" an. Wenn es genügend viele Kollisionen mit Kometen gab (bekannt ist, dass es in der Geschichte des Sonnensystems Perioden mit hoher Kometenaktivität gab), konnte sich dort in den Millionen Jahren eine beträchtliche Menge von Wassereis ansammeln. Gerade die Suche nach Wasser wird die Hauptaufgabe aller kommenden Missionen sein.
Für den Oktober 2008 ist der Start des US-amerikanischen "Lunar Reconnaissance Orbiter" (Monderkundungssonde) geplant. Zu seinen Forschungsgeräten gehört das russische Neutronenteleskop LEND (Lunar Exploration Neutron Detector).
Das neue Gerät ist eine modifizierte Variante des auf dem US-Orbitalapparat "Odysseus" installierten russischen Neutronennachweisgeräts, das seit bereits fünf Jahren den Mars nach Wasser hin erforscht. Das LEND wird auf dem Mond nach Wasser suchen. Aber zur Erforschung kleiner "Fallen" mit einem Durchmesser von nur einigen wenigen Kilometern vom Mondsatelliten aus war es notwendig, den Neutronendetektor mit teleskopischen Geräten zu kombinieren, die die Krater mit größtmöglicher Genauigkeit vermessen könnten. Aufgrund solcher Messungen soll die Wasserstoffausbreitung auf der Mondoberfläche kartographiert werden.
Außerdem wissen wir noch aus Schulbüchern, dass sich ein Wassermolekül aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom zusammensetzt. Die Empfindlichkeit des russischen Geräts ist so hoch, dass es Wasserstoff auch dann registrieren wird, wenn der Wassergehalt im Mondregolith mehr als 0,1 Masseprozent ausmacht. Das Wassereis in den polnahen Kratern wird, falls vorhanden, in die Karte durch auffällige Orte mit hohem Wasserstoffgehalt aufgezeigt werden.
Zur Lösung der Frage nach der Existenz von Mondgletschern werden auch der erste indische Satellit "Chandrayaan-1" und die japanische Sonde "Selene" beitragen. Der Start beider Raumapparate ist für 2008 geplant.
Die russische Sonde "Luna-Globe" wird Anfang des kommenden Jahrzehnts Mondforschungen vornehmen. Nach einer mehr als dreißigjährigen Unterbrechung in der russischen Mondforschung ist geplant, den inneren Aufbau des Mondes zu studieren, ebenfalls nach Wasser auf den Mondpolen zu suchen sowie zu klären, ob der natürliche Erdtrabant einen Kern hat.
Im russischen Forschungsprogramm ist ferner vorgesehen, im Äquatorialgebiet des Mondes kleinere Apparate landen zu lassen, um dort ein Netz von Erdbebenwarten und Penetratoren aufzustellen. Penetratoren sind Vorrichtungen, die mit hoher Geschwindigkeit mehrere Meter tief in die Mondoberfläche eindringen und dort Messungen vornehmen. Die Informationen aus diesen Minilabors wird via Satellit zur Erde übermittelt.
Die nächste Etappe in der Mondforschung sieht die Entnahme von Proben des Mondbodens und ihren Transport zur Erde vor. Mit diesem Ziel soll das Programm "Mond-Versuchsgelände" gestartet werden. Ziel ist es, auf dem Mond in Nähe seiner Pole erste Infrastrukturelemente für einen bewohnbaren Mondstützpunkt zu schaffen sowie breit angelegte wissenschaftliche und technologische Forschungen durchzuführen. Für den Bau eines solchen Stützpunktes werden sich am besten Flächen mit entdecktem Wasser eignen. Da diese Mondgebiete von der Sonne bestrahlt werden, können im Stützpunkt Sonnengeneratoren montiert werden, die Energie zur Gewinnung des Hydrogentreibstoffs aus Eis für Raumschiffe und zur Deckung des Stützpunktbedarfs erzeugen werden.
Die Wissenschaftler planen zudem, auf dem Mond ein Observatorium zu bauen. Die kosmische Radiostrahlung unterhalb bestimmter Werte wird von der irdischen Ionosphäre völlig abgeschirmt und kann von der Erde aus nicht beobachtet werden. Der Mond, der keine Ionosphäre hat, ist ein günstiger Platz für solche Forschungen, die Suche nach Planetensystemen, das Studium verschiedener solarer Magnet- und Plasmastörungen sowie die Lösung vieler anderer Aufgaben. Das Radioteleskop auf dem Mond wird ein Antennenfeld haben, das sich aus einzelnen über eine Fläche von mehreren Dutzend Quadratkilometern verteilten Empfängern der kosmischen Radiostrahlung zusammensetzen wird. Die Informationen des Systems werden in seine Zentrale übergeben und dann zur Erde gesendet werden. Wenn das Antennenfeld auf der Mondrückseite aufgestellt wird, kann das den die Beobachtungen störenden Einfluss der Erde und der solaren Radiostrahlung praktisch ausschließen.
China hat ebenfalls vor, sich am neuen Rennen zum Mond zu beteiligen. Nach einem Orbitalflug will es zum Mond mehrere Landeapparate und ferngesteuerte Mondautos schicken. Im Zuge einer Mission werden wohl Proben des Mondbodens zur Erde transportiert. Mit Blick auf Chinas konsequentes und energisches Raumfahrtprogramm ist es durchaus möglich, dass die ersten Bewohner eines Mondstützpunktes chinesisch sprechen werden.
Zum Verfasser: Juri Saizew ist Experte des Instituts für Weltraumforschungen an der Russischen Akademie der Wissenschaften.
Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.