logo

Russlands Raumfahrt hat nach dem gescheiterten Start der Raumsonde Phobos-Grunt seine Strategie korrigiert. „Weniger Eile, mehr Zuverlässigkeit“ lautet das Motto der russischen Raumfahrt neuerdings. Ohne die ehrgeizigen Pläne zur Erforschung des Mars aufzugeben, konzentriert sich Russland in den kommenden Jahren auf seine Mondprogramme.

Zweiter Anlauf für Phobos

„Laut der Akademie der Wissenschaften soll die Phobos-Grunt-Mission wiederholt werden“, sagte Lew Seljony, Direktor des Instituts für Weltraumforschung, am Dienstag während einer Pressekonferenz bei RIA Novosti. Nach der Havarie des Forschungsapparates Phobos-Grunt im November, die das Thema Nummer eins im vergangenen „Jahr des Weltraums“ (etliche Raketen- und Satellitenstarts schlugen fehl) war, hagelt es heftige Kritik an der russischen Weltraumbehörde Roskosmos durch die Forscher.

Bereits in den ersten Tagen nach dem gescheiterten Eintritt in die Übergangsbahn, als klar wurde, dass Phobos für immer verloren ist, wurde bereits darüber nachgedacht, die Mars-Mission zu wiederholen – jedoch auf andere Weise – nach einer sorgfältigen Verbesserung der Plattform.

Es wird keinen Spurt zum Mars geben. Für die erfolgreiche Erforschung des roten Planeten geht Russland zwei Wege: Zum einen beteiligt es sich am europäischen Projekt ExoMars, aus dem sich die USA vor kurzem zurückgezogen haben. Zum anderen entwickelt die russische Raumfahrtindustrie Technologien zur Erforschung des fernen Weltraums im Zuge des Mond-Projektes.

Resurs und Glob

Nach dem Absturz der Phobos-Sonde wurde das Mondprogramm umgestellt. Neben einem neuen Zeitplan sollen die Weltraumstarts neu konzipiert werden.

Vorher war geplant worden,  2013 die Luna-Resurs-Mission mit einem indischen Mondapparat und 2014 die ausschließlich russische Luna-Glob-Mission zu starten.

Beide Expeditionen sollten der Erforschung der polaren Mondgebiete dienen, wo in den vergangenen zehn Jahren überraschenderweise Wasservorräte entdeckt worden waren. Lew Seljony zufolge hängen die Wasservorräte mit dem Aufprall von Kometenkernen im Laufe von mehreren Millionen Jahren zusammen.

Jetzt soll alles umgekehrt gemacht werden. Laut Seljony soll 2015 auf Grundlage von Luna-Glob eine Expedition gestartet werden, bei der die Technologien zur weichen Landung und des Steuerungssystems geprüft werden. Der Schwerpunkt wurde nach dem Scheitern der Phobos-Grunt-Mission verschoben: Für die Mondapparate werden ein und dieselbe Plattform genutzt. Bevor sie mit Forschungsgräten ausgestattet werden, muss zuerst die Tauglichkeit der Plattform geprüft werden.

2016 soll ein Forschungsapparat zu einer Umlaufbahn um den Mond gestartet werden„Das wird ein starker Apparat sein. Das Gewicht der Forschungsgeräte wird bei mehr als 100 Kilogramm liegen. Unter anderem wird die Exosphäre des Mondes erforscht. Astrophysische Experimente werden dort unternommen. Er wird zusammen mit einem Landeapparat arbeiten“, sagte Seljony.

Bereits 2017 soll das Lawotschkin-Konstruktionsbüro eine neue, schwerere Plattform für interplanetare Forschungsapparate entwickelt haben. Auf dem Mond wird eine große Forschungsstation landen – der Nachfolger der russisch-indischen Luna-Resurs (vielleicht wird es eine gemeinsame Station sein – darüber wird gerade verhandelt).

Auf der schweren Station kann es neben einem Mondfahrzeug eine Bohranlage zur Erforschung des Mondbodens geben. Von großem Interesse ist nicht nur der Boden (Regolith), sondern sind auch vor allem die Wassereinschlüsse in Regolith.

Zudem wurden die nach den Missionen Apollo und der sowjetischen interplanetaren Stationen AMS erhalten gebliebenen Bodenproben auf dem mittleren Breitengrad des Mondes genommen und sind deshalb nicht interessant. „Das ist ein anderer Mond, andere Gebiete und ein anderer Boden. Wir erforschen nicht den Regolith“, sagte Seljony.

Äußere Stabilisierung der Plattform

Der Ruf der russischen Weltraumforschung ist wegen den unzuverlässigen Weltraumapparaten und den Fehlern bei der Planung und Durchführung der Raumstarts stark ramponiert.

Wenn der Faktor Mensch ausgeschlossen werden kann, muss die Raumfahrttechnik verbessert werden – nicht nur bei Tests auf der Erde, sondern auch bei den Teststarts. Dafür sind zusätzliches Geld, Anstrengungen und Zeit vonnöten. Bereits jetzt muss mit den Forschungen begonnen werden: Die Forschungsinstitute sind bereit, Missionen in den fernen Weltraum mit Aufgaben und originellen Geräten zu versorgen. Wie soll vorgegangen werden?

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nimmt die russische Raumfahrtbehörde regelmäßig an internationalen Projekten teil, indem sie entweder Mittel zur Beförderung auf Umlaufbahnen oder zu internationalen Projekten eigene Anlagen beisteuert.

Das gilt auch für die verschobene Mars-Mission. Russlands Marsflug wird wohl bis in die 2030er Jahre verschoben. Doch die Mars-Forschungen in Russland können in diesem Jahrzehnt fortgesetzt werden.

2016 und 2018 findet die europäische Expedition ExoMars statt. Letzte Woche wurde bekannt, dass Russland die USA bei diesem Projekt ersetzen soll.

Laut Roskosmos-Chef Wladimir Popowkin nimmt Russland an ExoMars teil, wenn drei Bedingungen eingehalten werden: Mit der Proton-Rakete steuert Russland seinen Teil zum Projekt bei; die russische Seite wird dem Apparat einen Teil der Forschungsanlagen bieten; alle Forschungsergebnisse sind geistiges Eigentum sowohl der europäischen Weltraumbehörde als auch der Russischen Akademie der Wissenschaften.

Auf dem ersten Apparat, der 2016 zum Mars fliegen soll, sollen mehrere russische Spektrometer-Anlagen (darunter Neutronen-Spektrometer) installiert werden. Zudem sei Russland bereit, den Europäern eine Isotopen-Energiequelle für das Landemodul bereitzustellen, weshalb die Pläne für dessen Nutzung geändert werden können.

Vorher sollte das Modul mit einer chemischen Energiequelle ausgestattet werden, was sich negativ auf seine Verwendbarkeit als Forschungsbasis ausgewirkt hätte. Die Kapsel hätte nur einige Tage betrieben werden können, so Seljony. Bei dem Landemodul sollen Technologien eingesetzt werden,  um eine weiche Landung auf dem Mars zu ermöglichen.

Mit der russischen Isotopen-Energiequelle wird die Selbstständigkeit des Landemoduls erhöht, weshalb langfristige Forschungsaufgaben möglich sind (es soll beispielsweise in ein Observatorium für die Erforschung des Klimas umgestaltet werden).

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

Konstantin Bogdanow, RIA Novosti


© 2024 Funkzentrum In Media e. V.
Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.