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(30.01.2013) Im Gedenken an den 4. Jahrestag der Einführung von Geräte-Restriktionen im Schweizerischen Amateurfunk

n diesen Tagen jährt sich dieser für das Schweizerische Amateurfunkwesen bedeutsame Vorgang bereits zum vierten Mal. Regelmässig erhalten wir Anfragen, wieso die USKA in dieser Angelegenheit bisher nicht spürbar vorangekommen ist. Dieser Zwischenbericht soll die Frage beantworten.

Anfangs 2009 wurden alle Schweizer Amateurfunker durch ein Info-Blatt, das der Bakom-Konzessions-Rechnung beigelegt war, zu ihrer völligen Überraschung darüber in Kenntnis gesetzt, dass fortan die CE-Kennzeichnungs-Pflicht auch für Geräte des Amateurfunk-Dienstes gelten soll, einschliesslich sämtlichen Folgen, wie Konformitäts-Bewertungs-Verfahren etc. Die überraschenden Neuerungen bildeten das im Jahr 2009 neu eingefügte „Kapitel 1.4" der „Amateurfunkdienst Vorschriften" des Bakom (ist auch heute noch das Kapitel 1.4). Aber Vorsicht ist geboten:

Die Gesamtheit der neuen Restriktionen sind im vollen Wortlaut nur in den dazugehörenden Verordnungen zu finden.


Die technisch experimentierenden Funkamateure trauten ihren Augen nicht. Vielen blieb schlicht die Sprache weg. Sie waren perplex. Einige machten bloss die „Faust im Sack", andere äusserten ihren Unmut.

Die Situation hat sich seit anfang 2009 leider nur unwesentlich verbessert. Nach der USKA-veranlassten Wiederzulassung von Bausätzen wurde vom Bakom ein sogenanntes „Toleranzpapier" nachgereicht. Sicherlich gut gemeint, aber leider ohne rechtliche Wirkung.

Auch heute kann über die wahren Ursachen dieser Vorgänge nur spekuliert werden, obwohl inzwischen einiges ans Tageslicht gekommen ist. Es ist nun bekannt, dass die Bundes-Verwaltung sich mit dem vom Volk am 21. Mai 2000 angenommenen „Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Konformitäts-Bewertungs-Verfahren" (engl.: MRA) zu rechtfertigen sucht. Die Argumentation: Damals hätte das Schweizer Volk der Verwaltung uneingeschränkte Vollmachten erteilt, das Abkommen nach Belieben „weiterzuentwickeln", Klartext: „abzuändern". Die Folge: der Vertrag, dem das Volk im Jahre 2000 zugestimmt hat, ist seither laufend verändert worden. Allerdings: dieses Abkommen verpflichtete ursprünglich die Schweizerische Eidgenossenschaft keinesfalls dazu, die R&TTE-Richtlinie und somit das „CE-Zeichen" einzuführen. Dieser Entscheid wurde denn auch erst nachträglich, auf Verwaltungs-Ebene gefällt, völlig freiwillig. Die Freiwilligkeit wird auch von der EU-Kommission so bestätigt.

Wie sich erst kürzlich herausgestellt hat, liegt die Kompetenz der Gesetzgebung im Fernmeldebereich gar nicht mehr beim eidgenössischen Parlament und seinen beiden vorberatenden Kommissionen KVF-N und KVF-S, sondern beim „Gemischten Ausschuss CH-EU" für das MRA-Abkommen. Dieser „Gemischte Ausschuss" ist paritätisch aus sechs Vertretern der EU-Kommission und sechs Vertretern unserer Bundesverwaltung zusammengesetzt. Eine demokratisch-parlamentarische Kontrolle (Aufsicht) existiert nicht. Das Bakom hat somit keinen Einfluss auf Gesetze und Verordnungen mehr und wird diesbezüglich auch nicht mehr von der USKA „behelligt" werden.

Die Amateurfunk-Fach-Händler haben sich dem Druck rasch gebeugt: Innovative, neue Geräte, die als Kleinserien früher oft Gegenstand neuer Experimente gegeben haben, Geräte innovativer Kleinfirmen und Ingenieurbüros sind aus den Regalen der Händler verschwunden. Razzien bei Händlern wirkten „erfolgreich". Das Risiko einer drohenden Betriebs-Schliessung war ihnen verständlicherweise einfach zu gross. Die weiteren, uns von unseren Mitgliedern mitgeteilten Straf- und anderen Rechts-Verfahren gegen sie publizieren wir laufend in unseren Verbands-Medien, sobald das Einverständnis des geschädigten Mitgliedes vorliegt.

Wie sich inzwischen auch herauskristallisiert hat, sind die Funkamateure bei weitem nicht die einzigen Geschädigten. Offenbar sind in den letzten Jahren Dutzende von EU-Direktiven auf Verwaltungs-Stufe in die Schweizerische Gesetzgebung übernommen worden, ohne dass irgendjemand etwas dazu zu sagen gehabt hätte. Ohne Vernehmlassungs-Verfahren. Gemerkt haben es die wenigsten. Die Medien berichteten kaum darüber. CVP-Chef Christophe Darbellay sagte in seiner kürzlich in Olten stattgefundenen DV-Ansprache wörtlich folgendes: Zitat „Mit ein paar Abstrichen ist das bilaterale Vertragswerk quasi zum EWR-Vertrag geworden. Auch deshalb, weil wir EU-Recht in den meisten Fällen freiwillig übernommen haben." Zitat Ende. Diese Aussage stimmt ohne jeden Zweifel. Nur hat das Volk dem so nie zugestimmt.

Das Resultat: den Schweizerischen Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben werden Verfahren vorgeschrieben, deren bürokratischer und finanzieller Aufwand für sie oft nicht tragbar ist. Eine nachhaltige Benachteiligung unserer KMU-strukturierten Wirtschaft wird in Kauf genommen.

Die Gesetzgebung auf Bundesebene funktioniert eben nicht mehr so, wie wir es seinerzeit im Staats-Kunde-Unterricht gelernt haben. Das musste auch ich zuerst mühsam in Erfahrung bringen. Vielmehr sind nun wesentliche Teile der Gesetzgebung an die Verwaltung resp an „Gemischte Ausschüsse CH-EU" „abgetreten" worden.

Hier zeigt sich die Schwierigkeit: Vom Bakom wird uns geraten, für Änderungs-Wünsche der Regulierungen im Bereich Amateurfunk-Dienst mit unseren Kollegen zu sprechen, die in Brüssel für den Amateurfunk lobbyieren. Das eidgenössische Parlament ist aus der Gesetzgebung in diesem Bereich ausgeschlossen worden und hat dazu nichts mehr zu sagen. Der „Gemischte Ausschuss CH-EU" für das uns betreffende MRA-Abkommen ist der USKA zwar namentlich bekannt, aber bisher nicht für unsere Anliegen zugänglich (was uns aber nicht von einem Kontakt abhalten wird). Für den Staatsbürger in einer direkten Demokratie also eine völlig ungewohnte Situation, es plötzlich mit „Obrigkeiten" zu tun zu haben, die keiner demokratisch-parlamentarischer Kontrolle unterstehen.

Die USKA bleibt selbstverständlich an der Pendenz dran und wird die Mitglieder bei Fortschritten und über parlamentarische Vorstösse informieren. Wir bitten unsere Mitglieder, sich vorläufig in Geduld zu üben und bei Problemen den Vorstand zu kontaktieren.

Nachwort

Einige der Ausführungen mögen als „politisch" erscheinen. Sie sind es auch. Sie haben aber nichts mit dem politischen „Links"- „Rechts"-Schema zu tun, sondern betreffen grundlegende Bürger-Rechte, die quer durch alle politischen Parteien Verteidiger finden. Die Zeiten sind leider definitiv vorbei, als der Amateurfunk-Dienst durch Politik und Behörden wohlwollend geduldet worden ist. „Political Lobbying" durch qualifizierte Leute ist für die Weiterexistenz des Amateurfunks in der Schweiz (leider) zwingend notwendig geworden. Einer Vernebelung oder Verniedlichung dieser Herausforderung durch die USKA wäre fatal und für den hoffnungsvoll-neugierigen Technik-interessierten Nachwuchs verheerend.

Wer in einer Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf.

Die Fakten dieses Aufsatzes sind „Geschichte" und jederzeit belegbar.


Dokumente
- Bakom-Merkblatt als Beilage Rechnungsversand 2009
- Amateurfunkdienst Vorschriften, Ausgabe 2008, ohne Restriktionen
- Amateurfunkdienst Vorschriften, Ausgabe 2009, mit Restriktionen

(Quelle: USKA / Willi HB9AMC
Verantwortlicher der „Taskforce Gesetzliche Rahmenbedingungen des Amateurfunks"
Verantwortlicher „Political Lobbying" der USKA)

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