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München (Europäische Südsternwarte): Erstmals ist es Astronomen geglückt, direkt zu verfolgen, wie der Exoplanet Beta Pictoris b auf seiner Umlaufbahn von einer Seite seines Muttersterns auf die andere wechselt.

ein exoplanet wechselt die seite
Ein Planet um Beta Pictoris
Bild: ESO/A.-M. Lagrange

Er hat von allen Exoplaneten, die man bislang direkt abbilden konnte, die Umlaufbahn mit dem geringsten Durchmesser; sie entspricht in etwa der des Planeten Saturn um die Sonne. Beta Pictoris b könnte auf ähnliche Art und Weise entstanden sein wie die großen Gasplaneten in unserem Sonnensystem. Beta Pictoris b beweist außerdem, dass solche Gasriesen sich innerhalb von nur wenigen Millionen Jahren in den Gas- und Staubscheiben um junge Sterne wie Beta Pictoris bilden können.


Beta Pictoris ist etwa 12 Millionen Jahre alt, und damit nur rund ein Dreitausendstel so alt wie unsere Sonne. Der Stern besitzt 75% mehr Masse als die Sonne und ist rund 60 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt. Er ist der zweithellste Stern im Sternbild Pictor (der Maler) und eines der bekanntesten Beispiele für einen Stern, der von einer Staubscheibe umgeben ist [1]. Frühere Beobachtungen hatten bereits gezeigt, dass diese Scheibe eine Ausbuchtung aufweist. Zudem konnte eine zweite Scheibe nachgewiesen werden, die relativ zur ersten leicht geneigt ist. Außerdem hat man kometenartige Körper beobachtet, die auf den Stern fallen und verdampfen. “All diese Phänomene waren indirekte, aber sehr deutliche Anzeichen dafür, dass es um Beta Pictoris einen einen großen Planeten geben müsste. Unsere Beobachtungen haben diesen Verdacht nun definitiv bestätigt”, erklärt Anne-Marie Lagrange, die das Team der Astronomen leitet, die Beta Pictoris untersucht haben. “Außerdem zeigen unsere Ergebnisse, dass große Gasplaneten in den Scheiben um so junge Sterne wie Beta Pictoris in einem Zeitraum von nur wenigen Millionen Jahren entstanden sein müssen.”

Neueren Beobachtungen zufolge sollten sich diese Scheiben nur wenige Millionen Jahre nach der Entstehung des Sterns auflösen, so dass die Bildung der großen Planeten in den Scheiben viel schneller ablaufen müsste, als bislang angenommen wurde. Am Beispiel von Beta Pictoris ist nun erwiesen, dass dieses Szenario rascher Planetenbildung tatsächlich möglich ist.

Das Astronomenteam nutzte in den Jahren 2003, 2008 und 2009 das Infrarotinstrument NAOS-CONICA (kurz NACO [2]), das an einem der vier 8,2 m-Teleskope am Very Large Telescope (VLT) der ESO betrieben wird, um die unmittelbare Umgebung von Beta Pictoris zu untersuchen. Auf der Aufnahme von 2003 ist eine schwache Lichtquelle innerhalb der Scheibe zu sehen (eso0842). Es konnte zu jenem Zeitpunkt aber nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um einen Hintergrundstern handelt. Auf den Aufnahmen von 2008 und vom Frühling 2009 war der Lichtpunkt nicht zu erkennen. Auf den jüngsten Aufnahmen vom Herbst 2009 taucht das Objekt nun auf der anderen Seite des Sterns wieder in der Scheibe auf. In der Zwischenzeit wurde es vom hellen Leuchten von Beta Pictoris überstrahlt und befand sich von der Erde aus gesehen entweder genau vor dem Stern oder dahinter. Mit den neuen Beobachtungen ist nachgewiesen, dass das Leuchten tatsächlich von einem Exoplaneten stammt, der Beta Pictoris umkreist. Die Beobachtungen erlauben außerdem Rückschlüsse auf die Größe der Umlaufbahn dieses Planeten.

Bislang hat man ein knappes Dutzend extrasolares Planeten direkt abbilden können. Unter ihnen ist der Planet um Beta Pictoris, der die Bezeichnung “Beta Pictoris b” erhalten hat, derjenige mit der kürzesten Umlaufbahn. Seine Entfernung zu seinem Mutterstern ist 8 bis 15 mal so groß wie die Entfernung der Erde von der Sonne. Diese 8 bis 15 “Astronomischen Einheiten” entsprechen in etwa der Entfernung des Planeten Saturn von der Sonne. “Aufgrund der kurzen Umlaufdauer des Planeten lässt sich innerhalb von 15-20 Jahren zu verfolgen, wie er seinen Mutterstern einmal vollständig umkreist. Weitere Untersuchungen von Beta Pictoris b werden uns außerdem wertvolle Hinweise auf die physikalischen und chemischen Abläufe in der Atmosphäre eines jungen Gasplaneten geben”, erklärt der Nachwuchswissenschaftler Mickael Bonnefoy, ein Mitglied des Forscherteams.

Der Planet hat etwa die neunfache Masse des Jupiters. Damit hat er nicht nur die richtige Masse sondern auch den passenden Abstand zu seinem Mutterstern, um Strukturen wie die Wölbung zu verursachen, die im Innenbereich der Scheibe beobachtet wurde. Die Entdeckung von Beta Pictoris b weist damit gewisse Parallelen zu der Entdeckung des Planeten Neptun Mitte des 19. Jahrhunderts auf: Damals hatten die beiden Astronomen John Couch Adams und Urbain Le Verrier die Existenz eines bis dahin unbekannten Planeten aufgrund von Unregelmäßigkeiten in der Bahnbewegung des Uranus vorhergesagt und seine Position am Himmel berechnet. An dieser Stelle fand Johann Gottfried Galle dann bei seinen Beobachtungen den Planeten Neptun.

“Beta Pictoris b und die Exoplaneten, die bei den jungen, massereichen Sterne Fomalhaut und HR8799 gefunden wurden, deuten zusammen genommen darauf hin, dass solche “Super-Jupiter” ein häufiges Produkt der Planetenentstehung um massereichere Sterne sind”, ergänzt Gaël Chauvin, ein weiteres Mitglied des Forscherteams.

Planeten wie Beta Pictoris b stören die Gas- und Staubscheiben um ihre Muttersterne und erzeugen dadurch Strukturen, die sich leicht mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) beobachten lassen werden – dem revolutionären Verbundteleskop, das die ESO derzeit zusammen mit internationalen Partnern in Chile errichtet.

Alle weiteren Planetenkandidaten, die sich bislang direkt abbilden ließen, sind weiter von ihren Muttersternen entfernt als Beta Pictoris b von dem seinen. Befänden sich diese Planeten in unserem Sonnensystem, wären sie mindestens so weit von der Sonne entfernt wie der äußerste Planet Neptun. Die Entstehung dieser weit draußen liegenden Exoplaneten ist vermutlich ganz anders verlaufen als die der Planeten in unserem Sonnensystem oder um Beta Pictoris.

“Die Exoplaneten, von denen in jüngerer Zeit direkte Abbildungen gelungen sind – oft kam dabei das VLT zum Einsatz – zeigen deutlich die Vielfalt der Planetensysteme”, erklärt Lagrange. “Beta Pictoris b ist darunter der vielversprechendste Kandidat für einen Planeten, der sich auf dieselbe Art und Weise gebildet hat wie die Gasriesen in unserem Sonnensystem.”

Endnoten

[1] Staubscheiben um junge Sterne bestehen aus Partikeln, die bei Zusammenstößen größerer Körper wie Asteroiden oder Planetesimalen (Vorläuferkörpern von Planeten) entstehen. In unserem Sonnensystem gibt es ebenfalls eine solche Scheibe aus interplanetarem Staub. Ihre Staubteilchen reflektieren das Licht der Sonne und sind unter exzellenten Beobachtungsbedingungen als so genanntes Zodiakallicht zu erkennen. Die Staubscheiben, die bei anderen Sternen beobachtet werden, sind üblicherweise viel größer als in unserem Sonnensystem. Die Scheibe um Beta Pictoris war die erste, die direkt abgebildet werden konnte. Heute weiß man, dass sie sich über einen Bereich erstreckt, dessen Durchmesser in etwa dem Tausendfachen der Entfernung der Erde von der Sonne entspricht.
[2] NACO ist ein Instrument mit sogenannter adaptiver Optik am Very Large Telescope der ESO in Chile. Adaptive Optik ist eine Technologie, mit deren Hilfe Astronomen Störeffekte elimieren können, die durch die Erdatmosphäre verursacht werden.So lässt sich Schärfe astronomischer Aufnahmen signifikant verbessern.

Weitere Informationen

Die hier vorgestellten Forschungsergebnisse erscheinen in dieser Woche unter dem Titel “A Giant Planet Imaged in the disk of the Young Star Beta Pictoris” in einem Artikel von A.-M. Lagrange et al. in der Fachzeitschrift Science.

Die beteiligten Wissenschaftler sind A.-M. Lagrange, M. Bonnefoy, G. Chauvin, D. Ehrenreich und D. Mouillet (Laboratoire d'Astrophysique de l'Observatoire de Grenoble, Université Joseph Fourier, CNRS, Frankreich), D. Apai (Space Telescope Science Institute, Baltimore, USA), A. Boccaletti, D. Gratadour, D. Rouan und S. Lacour (LESIA, Observatoire de Paris-Meudon, Frankreich) und M. Kasper (ESO).

Das Infrarotinstrument NACO besteht aus zwei Komponenten: Die adaptive Optik NAOS (Nasmyth Adaptive Optics System) wurde von einem französischen Konsortium entwickelt, die Kamera-Spektrograf-Kombination CONICA (COude Near Infrared CAmera) von den Max-Planck-Instituten für Astronomie in Heidelberg und für Extraterrestrische Physik in Garching, jeweils in Zusammenarbeit mit der ESO.

Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 14 Mitgliedsländer: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts, sowie VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt. Die ESO ist der europäische Partner für den Aufbau des Antennenfelds ALMA, das größte astronomische Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO das European Extremely Large Telescope (E-ELT) für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, mit 42 Metern Spiegeldurchmesser ein Großteleskop der Extraklasse.

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsstaaten (und einigen weiteren Ländern) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg.


ESO Science Outreach Network (Carolin Liefke), Öffentlichkeitsarbeit,
Max-Planck-Institut für Astronomie

 

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