Oktober
Umstrittene Amtsgerichts-Entscheidung zum "Telefonierverbot am Steuer"
Das Amtsgericht Sonthofen vertritt die Auffassung, dass auch die Benutzung eines Handsprechfunkgerätes ("Walkie-Talkie") gegen das "Telefonierverbot am Steuer" verstößt. Das Gericht hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem eine Autofahrerin während der Fahrt ein (nicht näher beschriebenes) "Walkie-Talkie" am Ohr hielt und auf Funktion testete. Die Autofahrerin erhielt deshalb einen Bussgeldbescheid mit der Begründung, dass sie mit ihrem Verhalten gegen § 23 Absatz 1a der Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen habe. Dort ist festgelegt, dass während der Fahrt bzw. bei laufendem Motor "dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt (ist), wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält".
Nach bisheriger Rechtsauffassung gilt diese Regelung nicht für herkömmliche Funkgeräte (wie sie z.B. im CB-Funk, Amateurfunk und Betriebs- bzw. BOS-Funk verwendet werden), weil es sich dabei nicht um "Mobil- oder Autotelefone" handelt.
Das Amtsgericht Sonthofen ist anderer Meinung. In der Begründung des Amtsgerichts zu dem oben genannten Fall heißt es u.a.:
"Einziger Unterschied zu gewöhnlichen Mobilfunkgeräten ist, dass kein Mobilfunknetz benötigt wird und keine Nummer zu wählen ist. Dies rechtfertigt weder eine andere Betrachtung noch wird dadurch die grundsätzlich enge Auslegung des Begriffs 'Mobilfunkgerät' gesprengt. Bei Wikipedia wird Mobilfunk sogar bereits noch deutlicher als Sammelbezeichnung für den Betrieb von beweglichen Funkgeräten definiert. Darunter fallen vor allem tragbare Telefone (Mobiltelefone, Gegensprechverfahren) und in Fahrzeuge eingebaute Wechselsprechgeräte (z. B. Taxifunk). Wäre eine Einschränkung des Anwendungsbereichs, zum Beispiel auf die Nutzung 'öffentlich zugängliche Telefondienste', (....) durch Kraftfahrer, auf bestimmte Kommunikationszwecke, auf bestimmte Betriebsarten oder auf nachrichtentechnische Verfahren ('Wechselsprechen' oder 'Gegensprechen') gewollt gewesen, hätte es einer anderen Fassung des Wortlauts des Bußgeldtatbestandes selbst bedurft."
Juristen bemängeln, dass der in der Entscheidung des Amtsgericht aufgeführte Begriff "Mobilfunkgerät" in der besagten StVO-Regelung nirgendwo enthalten ist - dort ist vielmehr von einem "Mobil- oder Autotelefon" die Rede. Mit der Auslegung des Amtsgerichts sei möglicherweise "die äußerste Grenze richterlicher Interpretation" überschritten.
Der Volltext der Entscheidung des Amtsgerichts Sonthofen ist im Internet auf http://openjur.de/u/56680.html veröffentlicht worden.
Aktenzeichen: 144 Js 5270/10
(Quelle. funkmagazin)