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Das Einloggen in ein fremdes unverschlüsseltes WLAN zum Zwecke des "Schwarz-Surfens" stellt kein strafbares "Abhören" im Sinne des Telekommunikationsgesetzes dar. Das geht aus einem Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 3. August 2010 hervor. Das Gericht hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem sich eine Person ohne Genehmigung in ein fremdes ungesichertes WLAN eingeloggt hatte, um auf diesem Wege im Internet zu surfen. Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeschuldigten einen Verstoß gegen das "Abhörverbot" des § 89 TKG vor. Außerdem - so meinte die Staatsanwaltschaft - habe der Angeschuldigte durch den Vorgang des Einloggens unbefugt personenbezogene Daten abgerufen und somit gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verstoßen.

Das Gericht folgte der Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft nicht und lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab.

In der Begründung des Gerichts heißt es dazu u.a. (Zitat):

"Eine Strafbarkeit nach § 89 S.1 TKG ist nicht gegeben. Als 'Nachricht' kommt hier allenfalls die automatische Zuweisung einer IP-Adresse an den Computer in Betracht (...). Hierbei ist aber bereits äußerst fraglich, ob die Zuweisung einer IP-Adresse eine “Nachricht” im Sinne dieser Vorschrift darstellt. (...) Jedenfalls ist durch das vorgeworfene Nutzen des Internetzugangs kein “Abhören” im Sinne des § 89 TKG gegeben. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Unter Abhören ist das unmittelbare Zuhören oder das Hörbarmachen für andere, aber auch das Zuschalten einer Aufnahmevorrichtung zu verstehen. Dies erfordert jedenfalls einen zwischen anderen Personen stattfindenden Kommunikationsvorgang, den der Täter als Dritter mithört (...). Es müsste ein bewusster und gezielter Empfang fremder Nachrichten und das bewusste und gezielte Wahrnehmen fremder Nachrichten durch den Täter gegeben sein, um von einem Abhören von Nachrichten sprechen zu können. Dies ist bei dem Nutzer eines fremden WLAN nicht der Fall.

Für einen solchen bewussten und gezielten Empfang von Nachrichten durch den Angeschuldigten gibt es keine Anhaltspunkte. Dem Angeschuldigten kam es ausweislich der Anklage und des Ermittlungsergebnisses nur darauf an, durch Einwählen in das Netzwerk des Zeugen dessen Internetzugang mitbenutzen zu können. Das dabei notwendige Empfangen der IP-Adresse stellt kein Abhören fremder Nachrichten dar, denn hierdurch wird die Vertraulichkeit fremder Kommunikation nicht angegriffen (...)." (Zitatende)

Auch ein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Der Angeschuldigte habe "ausweislich der Anklage und des Ermittlungsergebnisses keine personenbezogenen Daten abgerufen oder sich verschafft". In Betracht kämen auch hier allenfalls die IP-Daten. Diese IP-Daten seien jedoch keine personenbezogenen Daten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes.

Bemerkenswert ist, dass das gleiche Amtsgericht Wuppertal (unter einem anderen Vorsitzenden) in einem ähnlich gelagerten Fall im April 2007 eine genau gegensätzliche Auffassung vertrat. Damals kam das Gericht zu dem Schluss, dass eine unbefugte WLAN-Nutzung sehr wohl gegen das "Abhörverbot" verstoße.

Die aktuelle Entscheidung wurde von Rechtsanwalt Jens Ferner erwirkt. Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es im Internet unter www.schwarz-surfen.de

Aktenzeichen: 20 Ds-10 Js 1977/08-282/08
Volltext der Entscheidung unter http://tinyurl.com/wlan-urteilwuppertal


Update vom 28.08.2010:
Nach Angaben des WDR hat die Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal Beschwerde eingelegt. Somit wird sich demnächst das Landgericht Wuppertal mit dem Fall befassen müssen.

(Quelle: funkmagazin)

 

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