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Dr. Heidemarie Schmidt ist Leiterin der Nachwuchsgruppe "Nano-Spinelektronik", die jetzt im Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) neu eingerichtet wurde. Sie und ihre drei Mitarbeiter interessieren sich für eine neue Material-Spezies: ferromagnetische Halbleiter. In einigen Jahren könnten daraus beispielsweise Spin-LEDs mit faszinierenden neuen Eigenschaften kostengünstig produziert werden.

Frau Dr. Schmidt nutzt mit ihrer Gruppe herkömmliche Standardmaterialien der Halbleiterindustrie wie Galliumarsenid oder Zinkoxid. In solche Materialien implantiert sie magnetische Ionen (Ionen sind geladene Atome), wodurch das Material einen zusätzlichen Schaltermechanismus erhält: das magnetische Moment der implantierten Ionen, das auf der Nanometerskala den Elektronen-Spin beeinflusst. Die Spinelektronik oder auch Spintronik (aus den Worten Spin und Elektronik) betritt neue Wege, indem sie den Spin der Elektronen zur Informationsdarstellung und -verarbeitung ausnutzt - zusätzlich zur Ladung wie in der herkömmlichen Halbleiter-Elektronik. Das Gebiet ist erst wenige Jahre jung, doch erwarten Forscher schon in naher Zukunft von der Spinelektronik neue Bauelemente, die mit dem Spin des Elektrons schalten und damit um ein Vielfaches schneller sein könnten als heute im Einsatz befindliche Produkte.

neue produkte aus ferromagnetischen halbleitern

Die neue Dresdner Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Heidemarie Schmidt
mit Dr. Qingyu Xu beim Aufbau eines Kryostaten im gerade
bezogenen Labor des FZD.

Die Grundlage für die Spinelektronik legen derzeit Metalle mit speziellen magnetischen Eigenschaften. Halbleitermaterialien, wie sie in der Mikroelektronik-Industrie verwendet werden, sind dagegen nicht magnetisch. Durch Zumischung von magnetischen Ionen in Halbleitermaterialien entstehen neuartige Materialien für zukünftige Anwendungen in der Spinelektronik. Zum Beispiel lassen sich in ferromagnetischen Halbleitern die optischen Eigenschaften und die Leitfähigkeit auch mit Hilfe magnetischer Felder kontrollieren, also gezielt schalten. Dies ist möglich, weil die implantierten magnetischen Ionen ein internes Magnetfeld im Material aufbauen, mit dem sie alle Spins einheitlich ausrichten, so dass spinpolarisierte Ladungsträger entstehen. Da sich solche Spins umklappen lassen, hat das Halbleitermaterial nun eine zusätzliche Schalterfunktion, womit zum Beispiel die Grundlage für neuartige Spin-Feldeffekttransistoren gelegt wird. Denkbar sind aber auch die weitere Miniaturisierung von Bauteilen oder Materialien mit neuen optischen Eigenschaften, die viel weniger Energie verbrauchen als heute übliche Produkte. Abhängig vom Ausgangsmaterial können zudem Spin-LEDs entwickelt werden, die zirkular polarisiertes Licht aussenden. Dies wiederum wäre ein besonders gut geeignetes und kostengünstiges Detektormaterial für Magnetfelder.

Im Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung des FZD arbeitet Dr. Heidemarie Schmidt mit ihrem Team nicht nur an der Herstellung von magnetischen Halbleitermaterialien, sondern vor allem auch an der Untersuchung und Nutzbarmachung dieser neuen Material-Spezies. Der Bedarf, etwas zu haben, mit dem man Materialien auf der Nanoskala genauestens charakterisieren kann, ist groß. Deshalb hat die Gruppe eine spezielle Rastersonden-Technik entwickelt, um die Konzentration freier Ladungsträger sowie die Verteilung von elektrischen Defekten zu bestimmen. Die Gruppe interessiert sich vor allem für die Zusammenhänge zwischen den Spin-Eigenschaften auf der Nanoskala und den magnetischen Eigenschaften auf der Makroskala. Die Forscher wollen die bisher erfolgreich hergestellten, schwach ferromagnetischen Halbleiter genauestens verstehen, um sie im nächsten Schritt optimieren zu können. Um nachzuweisen, dass es sich tatsächlich um ferromagnetische Effekte handelt, werden Methoden der Magnetooptik und des Magnetotransports eingesetzt, für die im FZD ebenso Expertise vorhanden ist wie für die Präparation von Halbleitermaterialien. Weltweit ist es übrigens bisher noch keinem Team gelungen, einen starken ferromagnetischen Halbleiter bei Raumtemperatur zu bauen, wie er für zukünftige Produkte der Spinelektronik benötigt würde.

Heidemarie Schmidt: "Ich bin überzeugt, dass es verschiedenen Forschergruppen in den nächsten Jahren gelingen wird, neue Produkte aus ferromagnetischen Halbleitern zu entwickeln. Wir sind jedenfalls sehr froh, dass wir unsere Forschungen gerade hier in Dresden fortsetzen können. Ich erwarte, dass die Nähe zur Mikroelektronik-Industrie uns wichtige Impulse für unsere Arbeiten geben wird und dass wir auch bald schon eng mit den hier ansässigen Firmen zusammenarbeiten werden. Gleichzeitig bietet das Ionenstrahlzentrum des FZD hervorragende Voraussetzungen für die Ionen-Behandlung und die Analyse der neuartigen Materialien, an denen wir arbeiten." Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt im Rahmen des Nachwuchswettbewerbes "Nanotechnologie" bereits seit vier Jahren. Bisher war die Gruppe an der Universität Leipzig angesiedelt.

Information:
Das FZD erbringt wesentliche Beiträge der Grundlagenforschung sowie der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung zu folgenden Fragestellungen:
o Wie verhält sich Materie unter dem Einfluss hoher Felder und in winzigen Dimensionen?
o Wie können Tumorerkrankungen frühzeitig erkannt und wirksam behandelt werden?
o Wie schützt man Mensch und Umwelt vor technischen Risiken?
Dazu werden 6 Großgeräte eingesetzt, die europaweit unikale Untersuchungsmöglichkeiten auch für auswärtige Nutzer bieten.

Das FZD ist mit ca. 700 Mitarbeitern das größte Institut der Leibniz-Gemeinschaft (www.wgl.de) und verfügt über ein jährliches Budget von rund 57 Mill. Euro (Stand: 12/2006). Hinzu kommen derzeit etwa 10 Mill. Euro aus nationalen und europäischen Förderprojekten sowie aus Verträgen mit der Industrie. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören 84 außeruniversitäre Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung. Leibniz-Institute arbeiten interdisziplinär und verbinden Grundlagenforschung mit Anwendungsnähe. Jedes Leibniz-Institut hat eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung, weshalb sie von Bund und Ländern gemeinsam gefördert werden. Die Leibniz-Institute verfügen über ein Gesamtbudget von gut 1 Milliarde Euro und beschäftigen rund 13.000 Mitarbeiter.

 

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