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12:38 Uhr - Benjamin Black und Tushar Mittal von der University of California (Berkeley) behaupten in einem Beitrag für die Zeitschrift „Nature Geoscience“, dass die künftigen Mars-Ringe aus dem Phobos, dem größeren der zwei Monde des Roten Planeten, entstehen könnten. Zu diesem Schluss sind sie angesichts der inneren und orbitalen Charakteristiken des Phobos gekommen, die sich von den Merkmalen anderer Monde im Sonnensystem wesentlich unterscheiden.

„Während sich unser Mond jedes Jahr um einige Zentimeter von der Erde entfernt, nähert sich Phobos dem Mars um einige Zentimeter an“, so Black. „Deshalb wird Phobos unvermeidlich auf den Mars abstürzen oder explodieren.“

Im Sonnensystem gibt es nur noch einen weiteren Mond (den Triton beim Neptun), der sich seinem Planeten annähert.

Den Experten zufolge ist die Beobachtung von abstürzenden Monden äußerst wichtig, um die Bedingungen zu begreifen, die es im Sonnensystem in dessen Anfangsphase gab, als die Planeten mehr Monde als jetzt hatten und die mit der Zeit entweder auf sie herabfielen oder explodierten und sich in Ringe verwandelten.

Laut einigen Berechnungen sollen 20 bis 30 Prozent der Planeten bei ihrer Entstehung Monde haben, die mit der Zeit auf sie herabstürzen. Manche Mars-Krater könnten durch den Absturz solcher Monde entstanden sein.

Dass die Satelliten sich von ihren Planeten entfernen oder sich ihnen annähern, hängt von der Gezeitenkraft des jeweiligen Planeten ab. So dreht sich der Mond langsamer als die Erde und ruft deshalb Hoch- und Niedrigwasser im Weltozean hervor, die unseren Planeten ausbremsen. Der Mond selbst entfernt sich gleichzeitig wegen des Impulserhaltungssatzes von der Erde.

Phobos befindet sich viel zu nahe am Mars und dreht sich deshalb fast dreimal so schnell wie der Planet. Deswegen wird der Mars durch die Gezeiten nicht gebremst, sondern zusätzlich beschleunigt. Phobos selbst nähert sich wegen des Impulserhaltungssatzes dem Mars an, und seine Geschwindigkeit wächst.

Wie schnell das passiert, hängt von der so genannten Loveschen Zahl ab, die zeigt, wie fest der Planet ist und wie seine Form der Gezeitenkraft ausgesetzt ist. Um die Zukunft von Phobos vorherzusagen, schätzten die Wissenschaftler seine Härte– den Zusammenhalt der Gesteine – ein. Das ist ihnen durch die Analyse von Mars-Meteoriten auf der Erde gelungen, aber vor allem dank der Analyse der Form des zehn Kilometer großen Stickney-Kraters auf dem Phobos.

Die Wissenschaftler glauben, dass ein auf den Phobos gefallener Himmelskörper diesen nahezu zerstört hätte. Sie stellten fest, dass die Phobos-Dichte im Durchschnitt nur 1.860 Kilogramm pro Kubikmeter beträgt. Im Grunde ist das ein blasiger Haufen aus Steinen und Staub, die nur durch die Gravitation zusammengehalten werden.

Sobald sich Phobos in einer gewissen Entfernung vom Mars befindet, wird die Gezeitenkraft ganze Teile von dem Satelliten abreißen und auseinanderwerfen. „Falls der Satellit eine Entfernung von 1,2 Mars-Radius (etwa 680 Kilometer) erreicht, wird er einen dünnen Ring bilden, der nach seiner Dichte mit einem der größten Saturn-Ringe vergleichbar sein wird“, so Mittal. „Mit der Zeit wird er immer breiter und wird die Oberschicht der Atmosphäre erreichen und dann den Stoff verlieren, der auf den Mars stürzen wird.“

Falls Phobos noch früher auseinanderfällt, könnte der Ring nach Einschätzung der Wissenschaftler zufolge bis zu 100 Millionen Jahre bestehen. Laut Mittal ist es schwer vorauszusagen, ob die Mars-Ringe von der Erde zu sehen wären, denn sie werden – genauso wie beim Saturn – aus Eis bestehen und das Licht kaum widerspiegeln. Aber sie werden bestimmt einen Schatten auf den Planeten werfen, der in einem Teleskop zu sehen sein wird.

Das Thema Phobos-Zukunft wird in den Medien bereits zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen diskutiert. Beim jüngsten Treffen der American Astronomical Society präsentierte der Astronom Terry Hurford vom Goddard Space Flight Center der NASA seine Berechnungen, denen zufolge die allmähliche Zerstörung des Phobos bereits begonnen hat.

Lange Zeit war man der Ansicht, dass die langen und tiefen Rillen auf dem Mars-Mond Spalten des Stickney-Kraters seien. Laut jüngsten Forschungen handelt es sich dabei aber um Bruchflächen, die durch die Gezeiten seitens des Mars entstanden sind. In diesem Fall könnte Phobos nach Einschätzung der Wissenschaftler noch etwas länger existieren – bis zu 30 bzw. 50 Millionen Jahre.

Das Phänomen des langsamen Phobos-Absturzes auf den Mars ist merkwürdigerweise mit dem Namen des sowjetischen Astrophysikers Jossif Schklowski verbunden. Von der allmählichen Senkung des Mars-Mondes wurde bereits in den späten 1940er Jahren berichtet.

1959 vermutete Schklowski, dass, falls sich das auf die Bremsung des Phobos durch die obere Schicht der Mars-Atmosphäre zurückführen lässt, der Phobos hohl sein müsste! Gleichzeitig äußerte Schklowski eine Hypothese, die heute fantastisch zu sein scheint: Phobos wäre lediglich eine Sphäre aus Stahl mit nur sechs Zentimeter dicken Wänden und damit ein künstlicher Satellit des Roten Planeten.

Schklowskis Hypothese wurde von vielen Wissenschaftlern befürwortet, aber in den 1970er Jahren zeigten diverse Beobachtungen, dass Phobos langsamer sinkt, als früher vermutet worden war. Dabei ist der Mars-Mond nicht dessen Atmosphäre ausgesetzt, sondern dessen Gezeitenkraft.

(Quelle: Sputnik Deutschland / Copyright © Sputnik)

 

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