Kleine Satelliten sind für Weltraumprojekte interessant - weil ihre Startkosten niedrig liegen. Doch bevor man sie zur Beobachtung der Erde oder für andere Aufgaben einsetzen kann, gibt es noch technische Herausforderungen zu meistern. Daran arbeiten Wissenschaftler der Uni Würzburg.
Satelliten werden mit Trägerraketen in den Weltraum befördert. Je größer und schwerer sie sind, umso teurer ist das Unterfangen: "Bei richtig großen Satelliten, die mehrere Tonnen wiegen, kommen je nach Trägerrakete Startkosten von 50 bis 150 Millionen Euro zusammen", sagt Professor Hakan Kayal vom Lehrstuhl für Technische Informatik der Universität Würzburg.
Dagegen kostet der Start eines Kleinstsatelliten von einem Kilogramm Gewicht nur rund 40.000 Euro. Mit Satelliten dieser Größenordnung haben die Würzburger Informatiker Erfahrung: Das erste Exemplar des Universität Würzburg Experimentalsatelliten UWE wurde 2005 in den Orbit geschossen; UWE-2 soll Anfang September 2009 folgen.
"Besonderen Erfolg verspricht die Strategie, mehrere Kleinstsatelliten als Sensornetzwerke kooperieren zu lassen", erklärt Professor Kayal. Das bedeutet: Die Satelliten können an verschiedenen Stellen im Orbit zeitgleich Messungen durchführen - und zwar so engmaschig, wie es mit nur einem einzigen großen Satelliten gar nicht ginge.
Lage der Satelliten im Raum kontrollieren
Daten über die Erde erheben, Weltraumschrott im Orbit orten oder ferne Galaxien beobachten: All das und mehr ist mit einer Flotte von Kleinstsatelliten denkbar. Für die meisten Anwendungen, etwa für die Erdbeobachtung, ist eine genau definierte Ausrichtung der Satelliten von größter Bedeutung. Denn ohne aktive Lageregelung würde sich ein Satellit im Weltraum unkontrolliert drehen - Schuld daran ist die Schwerelosigkeit.
Sternsensoren werten Sternbilder aus
Wie lässt sich die Lage eines Satelliten im Raum regeln? Dafür sind hochpräzise Sensoren nötig, mit denen der Satellit seine aktuelle Lage bestimmt. So genannte Sternsensoren eignen sich laut Kayal dafür am besten: Sie werten Sternbilder aus, die sie zuvor mit einer Kamera gemacht haben. Erkennen sie eine bestimmte Sternkonstellation, dann können sie mit dieser Information autonom und eindeutig die Ausrichtung des Satelliten ermitteln.
Im nächsten Schritt muss der Satellit in die gewünschte Richtung gedreht werden - etwa durch das Zusammenspiel von kleinen Rädern in seinem Inneren. Wenn eines der Rädchen sich dreht, bewegt sich der Satellit in Schwerelosigkeit in die entgegengesetzte Richtung. "Mit mindestens einem Rad pro Achse kann man den Satelliten in jede beliebige Richtung wenden", sagt Hakan Kayal.
Ziel: Sternsensor für Kleinstsatelliten
Sternsensoren werden in den meisten größeren Satelliten bereits eingesetzt. Ein Sternsensor für Kleinstsatelliten soll nun unter dem Namen STELLA an der Universität Würzburg in zwei Jahren bis zur Flugreife entwickelt und gebaut werden. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) fördert das Vorhaben von Hakan Kayal mit knapp einer halben Million Euro. An dem Projekt wirken zwei wissenschaftliche Mitarbeiter und vier studentische Hilfskräfte mit. Weitere Studierende sollen mit Master- oder Bachelor-Arbeiten beteiligt sein. Ein neuer Bachelor-Studiengang zum Thema Luft- und Raumfahrtinformatik startet an der Uni Würzburg zum Wintersemester 2009/10.
"Der neue Sternsensor wird die Anwendungsmöglichkeiten von Pico- und Nanosatelliten erheblich verbessern", so die Prognose des Würzburger Professors. Pico- und Nanosatelliten sind der gängigen Klassifizierung zufolge Satelliten mit einem Gewicht von 0,1 bis 1 Kilogramm (Pico) oder von 1 bis 10 Kilogramm (Nano).
Weltraumschrott im Orbit aufspüren
Mit dem Sternsensor will das Würzburger Team später Forschungen angehen, bei denen die Bilddatenverarbeitung an Bord eine Rolle spielt. Um die autonome Zielplanung von Satelliten soll es zum Beispiel gehen oder um das Aufspüren von Weltraumschrott im Orbit.
Letzteres Thema gilt als dringlich: Die Gefahr, dass Satelliten im Orbit von Schrottteilen beschädigt werden, hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht, wie Hakan Kayal sagt. Gestiegen ist gleichzeitig die Abhängigkeit der Menschen von der Infrastruktur im Orbit - ob es nun um Kommunikation, Navigation oder Erdbeobachtung geht.
Bislang existiert kein europäisches System zur Überwachung der Vorgänge im Weltraum. Erst kürzlich hat darum die Europäische Weltraumagentur ESA ein neues Programm gestartet: Es soll Europa unabhängig von anderen in die Lage versetzen, alle Objekte in der Umlaufbahn zu finden und mögliche Gefahren für den Betrieb der eigenen Satelliten abzuschätzen oder zu vermeiden. Zu dieser Aufgabe will auch Professor Kayal seinen Beitrag leisten.
Robert Emmerich, Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg