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Quantenteilchen und makroskopische Objekte werden generell verschiedenen Welten zugerechnet, die unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten gehorchen. Dabei ist es für die Wissenschaftler von großem Interesse zu untersuchen, wo die Grenzen zwischen beiden Welten verlaufen, d.h. unter welchen Bedingungen mikroskopisch kleine Teilchen ihre Quanteneigenschaften verlieren, und wann bei "großen" Objekten mit dem Auftreten von Quanteneffekten zu rechnen ist.

 

Einem Team um Dr. Tobias Kippenberg, Leiter der Max Planck Nachwuchsgruppe "Laboratory of Photonics" am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) ist es nun gelungen, einen mechanischen Mikroresonator, der aus mehr als 1014 Molekülen besteht, von Raumtemperatur (ca. 300 Kelvin) auf 11 Kelvin abzukühlen (d.h. -260 Grad Celcius) (Phys. Rev. Lett. 97, 243905 ). Dabei benutzen sie ein neuartiges Verfahren, das der schon seit geraumer Zeit für die Kühlung von Quantenteilchen - etwa Atomen und Ionen - angewandten Laserkühlung entspricht. In ihrem Experiment konnten sie eindeutig nachweisen, dass diese Absenkung der Temperatur allein auf den Druck der Lichtquanten zurückzuführen ist. Mit ihrem Verfahren sollte es nun prinzipiell möglich sein, den quantenmechanischen Grundzustand des Resonators zu erreichen, in dem seine Eigenschwingungen bis zu einem fundamentalen Limit reduziert sind. Die neuartige Methode könnte auch die Empfindlichkeit von Rasterkraftmikroskopen verbessern, in denen thermisch angeregte Schwingungen Rauschen verursachen.
Bei der oben erwähnten Laserkühlung von Quantenteilchen werden Atome mit Laserlicht bestrahlt, das etwas weniger Energie hat als zu ihrer Anregung nötig ist. Die Teilchen nehmen daher immer dann Licht auf, wenn sie sich auf den Strahl zu bewegen - dann sind sie aufgrund des Dopplereffekts in Resonanz - und werden dabei in dieser Richtung abgebremst.

 

Wird Laserlicht in einem aus zwei Spiegeln gebildeten Resonator eingefangen, um z.B. ihren Abstand zu bestimmen, dann kann es zu ganz ähnlichen Effekten der Energieübertragung kommen: der Druck der Photonen auf die Spiegel übt eine rückwirkende Kraft aus, die diese wiederum selbst verschiebt. Das Auftreten einer solchen "dynamischen Rückwirkung", die mechanische und optische Schwingungen verkoppelt, hat bereits in den 70er Jahren der russische Physiker Vladimir Braginsky vorhergesagt. Sie wirkt sich z.B. sehr störend beim Nachweis von Gravitationswellen aus, der darauf beruht, extrem kleine Längenänderungen eines optischen Resonators zu messen.

In einem mechanischen Mikrooszillator kann die dynamische Rückwirkung von Photonen die mechanischen Schwingungen im Prinzip sowohl verstärken als auch kühlen. Versuche, diesen Vorgang gezielt zur Kühlung zu nutzen, schlugen allerdings bis vor kurzem fehl. Voraussetzung dafür ist, dass die durchschnittliche Verweilzeit der Photonen im Resonator mit der mechanischen Schwingungsperiode übereinstimmt. Man benötigt also Systeme mit großer mechanischer Schwingungsfrequenz und hoher optischer und mechanischer Güte.

Für das vorliegende Experiment wird ein lithographisch gefertigter torusförmiger Mikroresonator mit einem Durchmesser von 50 Mikrometern verwendet, der sich wie eine mikroskalige Stimmgabel mit einer mechanischen Resonanzfrequenz von 60 MHz verhält. Mit Hilfe einer lediglich 600 nm dünnen Glasfaser wird Laserlicht in den Resonator eingekoppelt. Dessen Frequenz liegt etwas unterhalb der Eigenfrequenz des Resonators, was man auch als "Rot-Verstimmung" bezeichnet. Dahinter steckt folgende Idee: Die in der Kavität eingesperrten Photonen streben danach, mit dem System in Resonanz zu kommen. Wenn sie bei den vielfachen Reflexionen an die Wände stoßen, nehmen sie daher (in den meisten Fällen) Energie auf. Diese wird dem Resonator entzogen, wodurch dessen mechanische Schwingungen gekühlt werden.

In der Tat ergaben die Messungen, dass sich unter dem Einfluss des Laserlichts die Amplitude der mechanischen Schwingungen verringerte und zwar desto stärker, je höher die Laserleistung war. Um die Messergebnisse korrekt zu interpretieren, entwickelten die Forscher ein analytisches Modell, mit denen sie aus den vorgegebenen experimentellen Parametern den Strahlungsdruck, die Kühlrate, die Verschiebung der mechanischen Resonanzfrequenz und das Dämpfungsverhalten berechnen konnten. Daraus ging einwandfrei hervor, dass thermische Effekte nicht mehr als 1% der Kühlung zu verantworten haben.

Zwar liegt die hier erreichte Temperatur von 11 Kelvin noch weit über der Temperatur des quantenmechanischen Grundzustands, in dem gar keine Phononen (Schwingungsquanten) mehr angeregt sind. Diese beträgt für die hier untersuchte Mikrokavität etwa 3 Millikelvin. Die Bedeutung des Experimentes liegt aber darin, den Kühleffekt erstmals quantitativ erfasst zu haben. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, die Verfahren so weiter zu entwickeln, dass man die Schwingungen zur Ruhe bringen und ein solches makroskopisches Objekt in den Quantenzustand versetzen kann, der mit herkömmlichen kryogenen Techniken nicht zu erreichen ist. [O.M.]

Originalveröffentlichung:
Physical Review Letters 97, Art. No. 243905 (December 2006)

(Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.)

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